Ab und zu werde ich gefragt, woher das Bilderleichte Einmaleins eigentlich stammt – „Das kenn‘ ich doch irgendwoher?“
Meines Wissens waren es die Rhetoriker des antiken Griechenlands, die (nachvollziehbar) als erste Bilder verwendet haben, um sich Dinge auswendig zu merken. Die Argumente der nächsten Rede wurden z.B. an Positionen von oft gegangenen Wegen „aufgehängt“. Wahrscheinlich ist die Technik noch viel älter; gerade in Kulturen, in denen Wissen eher mündlich weitergegeben wurde, musste man sich Dinge ja auch irgendwie merken. Aber ohne schriftliche Dokumentation wissen wir natürlich nichts mehr davon.
„Aber das habe ich doch auch irgendwo bei modernen Lernmaterialien gesehen?“
Sicher haben Sie das. Das System war seither mal angesagter und mal fast in Vergessenheit geraten, wurde angepasst und erweitert und hat auf diese Art die Jahrtausende überdauert. Die moderne Hirnforschung kann jetzt sogar begründen, was die alten Griechen schon intuitiv wussten: Bilder lassen sich besser merken als Fakten und Zahlen.
Auch ich kenne einige Ansätze, um Zahlen in Bilder zu kodieren und habe diese schon mit meinen Schülern probiert – leider nur mit mäßigem Erfolg.
„Ist das bilderleichte Einmaleins also nur so etwas wie Aristoteles mit neuen Bildern?“
Ich gehe davon aus, dass meine Bilder bei Kindern besser ankommen als antike Vasenmalerei. Aber etwas zusätzliche Anpassung war noch nötig:
Alle mnemotechnischen Varianten, die mir bisher begegnet sind, beruhen auf zwei Grundvoraussetzungen:
- Zahlen werden in eine feste Reihenfolge gebracht (Zahlen auf dem Weg, nach Größe der Objekte, im Alphabet…)
- man muss sich sehr viele Bilder merken, um die Zahlen damit kodieren zu können – jede einzelne Zahl wird in ein Bild oder ein Objekt übersetzt.
Ich benötige aber kein System, mit dem sich Zahlen und Daten in eine Reihenfolge bringen lassen. Das sog. Major-System ist dabei z.B. ein faszinierender Ansatz – für Erwachsene. Ich benötige auch kein System mit 100 Bildern, bei denen ich doch nur wieder die Reihen durchgehe. Ich benötige eine Hilfe für Schüler, die Schwierigkeiten beim Rechnen und Lernen haben. Die Grundvoraussetzungen für ein Bildersystem, das meinen Schülern hilft, sind also:
- direkte Verknüpfung der Bilder mit der Zahl – keine Reihen!
- kindgerechte Bilder
- möglichst wenig Einzelelemente
Nachdem diese Grundvoraussetzungen definiert waren, habe ich angefangen zu zeichnen. Schnell war klar, dass man – wenn man das Rechnen wirklich schneller gestalten will – nicht irgendwelche Bilder nehmen kann. Die Kategorien „Rechenbilder“, „Ergebnisbilder Einer“, „Ergebnisbilder Zehner“ drängten sich bei den ersten Versuchen geradezu auf. Sehr schöner Nebeneffekt: Ich konnte die Menge der benötigten Zahlenbilder auf 26 reduzieren. Die Bilder sind so gewählt, dass die zugehörigen Kategorien klar erkennbar sind, und vor allem: Es kommt niemals auf die Position eines Bildes in der Reihe an. Die entsprechende Zahl kann ohne Umwege aus dem Bild heraus gelesen werden.
„Ist das also das Neue am System: Keine Reihung, klare Zuordnung und Reduktion auf das absolut Notwendige?“
Wahrscheinlich. Ich habe noch kein System gefunden, das diese Voraussetzungen genau so erfüllt und habe deshalb die ersten Versionen des Bilderleichten Einmaleins zusammen gestellt. Bei der Arbeit mit diesem System konnte ich feststellen, dass meine Schüler viel schneller zu Erfolgserlebnissen kommen als bei anderen Ansätzen.
Ist das neu? „Keine Reihung“ – habe ich schon gesehen. „Klare Zuordnung“ – habe ich schon gesehen. „Reduktion auf wenige Bilder“ – habe ich ebenfalls schon gesehen und Sie wahrscheinlich auch. Aber in genau der Kombination, die ich brauchte? Irgendwann habe ich mich eben hingesetzt und gezeichnet. Und als die Bilder schon mal da waren, waren auch die Arbeitsblätter und Spielideen nicht weit.
Viel wichtiger als die Frage, ob es neu ist, war mir allerdings die Erkenntnis, dass meine Schüler damit schnell und nachhaltig die Rechnungen im Einmaleins automatisieren.